Lauterbachs Präventionsstrategie gegen Suizide: „Müssen das gesellschaftliche Tabu überwinden“ (2024)

Neue Krisen-Telefonhotline soll helfen

Lauterbachs Präventionsstrategie gegen Suizide: „Müssen das gesellschaftliche Tabu überwinden“

Lauterbachs Präventionsstrategie gegen Suizide: „Müssen das gesellschaftliche Tabu überwinden“ (1)

Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit, hat am Donnerstag die neue Strategie zur Suizidvorbeugung vorgestellt.

Quelle: Britta Pedersen/dpa

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In Deutschland nehmen sich jedes Jahr mehr als 9000 Menschen das Leben. Hilfsangebote für Betroffene gibt es zwar einige, jedoch sind viele davon unterfinanziert. Der Bundestag hatte im Juli 2023 einen Ausbau der Präventionsangebote in Deutschland gefordert. Nun hat Karl Lauterbach am Donnerstag die erste Nationale Suizidpräventionsstrategie vorgestellt.

Berlin. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will die Hilfe für Menschen mit Suizidgedanken ausbauen. „Wir müssen das gesellschaftliche Tabu von Tod und Suizid überwinden“, sagte er am Donnerstag bei der Vorstellung einer Nationalen Suizidpräventionsstrategie der Bundesregierung.

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Ziel der Suizidpräventionsstrategie ist es, die Suizidraten zu senken. Dafür ist laut Karl Lauterbach eine nationale Kompetenzstelle nötig, die nicht nur Hilfsangebote für Betroffene, sondern auch für Angehörige schaffe.

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Mehr Tote durch Suizid als durch Verkehrsunfälle

„In Deutschland sterben täglich 28 Menschen an einem Suizid“, machte Ute Lewitzka von der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention (DGS) deutlich. Im Jahr 2021 waren es laut dem Statistischen Bundesamt 9215 Menschen. Im Vorjahr gab es 9206 Suizide. Das sind laut DGS mehr Todesfälle durch einen Suizid als durch Verkehrsunfälle oder Gewalttaten.

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Zwar habe sich die Suizidrate seit den 80er-Jahren halbiert, seit 2006 ist jedoch kein Rückgang mehr zu erkennen, erklärt Lewitzka. „Die Zahlen zeigen uns, dass die bestehenden Angebote nicht ausreichen“, sagte sie. Als Grund dafür nannte sie die fehlende verlässliche Finanzierung von niederschwelligen Angeboten.

Die Bundesregierung will mit der Strategie nun Abhilfe schaffen. Ein Teil davon ist die gesetzliche Verankerung der Suizidprävention, die in den nächsten Monaten angegangen werden solle, sagte Lauterbach. Geplant ist der Ausbau einer zentralen Krisen-Telefonhotline für Menschen in akuten Suizidsituationen. Die Hotline solle unter der Nummer 113 rund um die Uhr erreichbar sein. Solch eine Nummer gibt es auch schon in anderen Ländern wie den Niederlanden und den USA. Dort gelte sie als Erfolg versprechend: Seit der Einführung haben sich die Suizidraten verringert.

Drei Viertel aller Suizide werden von Männern begangen. Vor allem Ältere seien betroffen. Einsamkeit und psychische Erkrankungen wie Depressionen seien oft Treiber von Suizidgedanken. Nötig sei zudem eine Absicherung bestimmter Orte, Brücken, Hochhäuser und unbeschrankte Bahnstrecken würden oft für einen Suizidversuch in Betracht gezogen und müssten deshalb stärker gesichert werden, betonte Lauterbach.

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Die Vorlage einer Präventionsstrategie war im vergangenen Jahr parteiübergreifend vom Bundestag gefordert worden. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat sich zum Ziel gesetzt, die Rate bis 2030 um 30 Prozent zu senken sinken. „Deutschland sollte sich ein ebenso ambitioniertes Ziel setzen“, forderte Lewitzke.

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Verbände und Organisationen blicken mit gemischten Gefühlen auf den Plan der Ampel. „Suizide sind ansteckend. Deshalb ist es gut, dass der Bundesgesundheitsminister seine Strategie zur Suizidprävention vorstellt“, sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Er kritisiert allerdings den fehlenden Rechtsanspruch: „Was jedoch fehlt, ist ein Rechtsanspruch der Betroffenen auf Suizidprophylaxe in der gesetzlichen Krankenversicherung. Dazu zählen kurzfristige Sprechstunden, Behandlungsplätze und aufsuchende Therapie. Die hier vorgesehenen Fördermittel reichen aber nur für flankierende Maßnahmen. Immobile, schwerstkranke, pflegebedürftige und depressiv erkrankte Menschen brauchen jedoch passgenaue, schnelle Angebote.“

Deutscher Caritasverband kritisiert Suizidpräventionsstrategie

Die Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes, Eva Maria Welskop-Deffaa, begrüßt die Suizidpräventionsstrategie des Bundesgesundheitsministeriums. Todessehnsucht, Depressionen und Sterbewünsche seien ein Thema von dramatischer Aktualität, das entschlossenes Handeln fordere, sagte sie dem RND.

Welskop-Deffaa drängt darauf, auf Worte Taten folgen zu lassen. Ein Gesetz müsse unverzüglich folgen. Sie kritisiert die fehlenden Finanzierungsmöglichkeiten für Konzepte gegen Selbstmorde: „Angesichts der steigenden Suizidzahlen, von denen Minister Lauterbach berichtet, wirkt es wie ein Hohn, dass es keine Idee zu geben scheint, wie die erfolgreichen Maßnahmen, die aufgelistet werden, finanziell abgesichert und nachhaltig fortgeführt werden sollen“, sagte sie. Viele der bestehenden Angebote würden damit weiterhin auf unsicheren finanziellen Beinen stehen, beklagte Welskop-Deffaa, deren Verband stark in der Präventionsarbeit engagiert ist.

Haben Sie Suizidgedanken? Dann wenden Sie sich bitte an folgende Rufnummern:

Telefonhotline (kostenfrei, 24 h), auch Auskunft über lokale Hilfsdienste:

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(0800) 111 0 111 (ev.)

(0800) 111 0 222 (rk.)

(0800) 111 0 333 (für Kinder / Jugendliche)

E-Mail unter www.telefonseelsorge.de

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